Giovanna Salabè, 1963 in Rom geboren und bikulturell aufgewachsen, studiert Musikerziehung an der Universität Regensburg. 1988 gewinnt sie den Jugendliteraturpreis der RSGI und 1998 in Italien den Amalia-Rosselli-Preis. Ab 1993 entwickelt sie Seminare für Theater und Poesie (www.poetryflowers.com) und 2004 folgt die Regieassistenz bei J. Berlinger in Regensburg. Ihr Teatro delle Voci 2009 in Berlin aufgeführt, ist eine Audio-Installation mit begehbarer Bühne. 2018 entwickelt sie im Rahmen des Kunst-Symposiums Neukirchen (BY) die Poetry Sculptures.
Weitere Informationen zur Autorin finden Sie auf www.giovanna-salabe-actress.de/
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Hörproben aus »Lieder der Blüten – Lieder des Dunkeln«
Interview mit Giovanna Salabè zu ihrem Buch »Lieder der Blüten – Lieder des Dunkeln«
Liebe Frau Salabè, soeben ist Ihr Gedichtband »Lieder der Blüten – Lieder des Dunkeln« erschienen.
In einem Satz: Was erwartet die Lesenden?
Giovanna Salabè: Klänge, Farben und Bilder, in die man sich hineinfühlen kann oder Situationen, in die man sich hineinversetzen kann. Gleichzeitig erwartet die Lesenden Angedeutetes, Unausgesprochenes und oft keine lineare Logik. Die Lesenden sollten sich weniger aufs Lesen einlassen. Ich empfehle meine Gedichte über das Wahrnehmen zu erleben. Beim Lesen sollten die Lesenden ihren eigenen Sinnen trauen und sich von diesen leiten lassen. Von all ihren Sinnen. Das in den Gedichten Beschriebene sollten sie über die Vorstellung mit Händen und Haut berühren. Gegenstände oder Räume riechen. Der Kälte oder Wärme nachspüren. Und alles Erklingende bewusst erhören. Allem nachempfinden. Dadurch erschließt sich den Lesenden eine neue Logik, es eröffnet sich ihnen die Poesie der Gedichte.
Komplettes Interview lesen Gibt es in Ihrem Band ein Gedicht, das Ihnen besonders am Herzen liegt? Welches ist es und warum? G. S.: Sie liegen mir alle am Herzen, denn sie sind als eine untrennbare Einheit anzusehen. Eine Geschichte, deren Erzählstrang nicht leicht zu erkennen ist. Bilder, die aus verschiedenen Museen zu stammen scheinen, und doch zur gleichen Kunstsammlung gehören. Eine einzige Poetik, ein einziges fühlendes Herz, das alles zusammenhält. Sie arbeiten in Ihrem Lyrikband mit roten und blauen Überschriften. Was hat es damit auf sich? G. S.: Rot, Blau und Magenta. Farben lassen sich über das Auge wahrnehmen, sie sprechen unsere Phantasie an. Farben lösen Emotionen aus und laden uns in eine bestimmte Stimmungswelt ein. Ich wähle bewusst eine farbliche Gestaltung meiner Gedichte, um die Lesenden in die Welt des Wahrnehmens einzuladen. Und zwar in eine sehr individuelle Art des Wahrnehmens, derjenigen des einzelnen Lesenden. Lässt er oder sie sich ernsthaft darauf ein, wird er oder sie Dinge entdecken, die auch mir nicht bewusst waren. Farben sind ein Tor zur Wahrnehmung der Außenwelt, ein Tor, das gleichzeitig in unsere innere Welt führt. Welchen Wert hat Lyrik Ihrer Meinung nach im Zeitalter der immer schnelleren Kommunikation und immer größeren Flut an Texten? G. S.: Der Rhythmus der Seele kann weder verlangsamt noch beschleunigt werden. Die Seele hat ihr eigenes Tempo, um so mehr die Seele eines jeden Individuums. Dies trifft ebenso auf die Phasen der Entwicklung der Psyche zu. Sich einer Geschwindigkeit anpassen zu müssen, die einem nicht entspricht, entfernt einen vom eigenen Selbst. Was möchten Sie zum Abschluss unseres Gesprächs noch sagen? G. S.: Meiner tiefen Überzeugung nach, kann durch Lyrik, ob als Lesende oder als Schreibende, die Beziehung zum eigenen Selbst verbessert werden. In diesem Sinne habe ich – den Grundsätzen der Poesietherapie oder Bibliotherapie folgend – eine Seminarreihe im Bereich des Kreativen Schreibens entwickelt: Poetic Writing. Eine Gesellschaft, in der mehr auf das eigene Innenleben geachtet wird, ist eine kreativere und friedlichere Gesellschaft. Mehr dazu unter www.poeticwriting.net. Vielen Dank für das Gespräch. Interview einklappen
Es gibt zwar Epochen und Gegenden, in denen man mit größerer Selbstverständlichkeit bei sich selbst war, als dies heute der Fall ist. Die Herausforderung der Beziehung zu einem selbst, ist allerdings für uns Menschen eine grundsätzliche und zeitlose Aufgabe.
Schreibe ich Lyrik, ist ein Gedicht erst dann vollbracht, wenn es mich an tiefster Stelle wiedergibt. Erst dann gelingt es mir, mich endlich „zurück zu bekommen“.
In gleichem Maße wünsche ich meinen Lesenden, über das Lesen von Lyrik, „sich selbst zurück zu bekommen“. Ich rate ihnen sogar, neben dem Lesen, selber anfangen zu schreiben.