Beschreibung
Es war nicht wie bei der Droste das runde Turmzimmer auf der Meersburg in der lieblichen Landschaft des Bodensees, es war ein Zimmer im Turm von Schloss Scharfenberg. Das Schloss ist Teil einer uralten Burganlage in Sachsen, auf einem vorspringenden Felsen über dem Elbtal in der Nähe der Stadt Meißen liegend.
Dort verbrachte der Arzt, Schriftsteller und Dichter J.M. Pönnighaus vier Monate. Er besuchte Landschaft und Orte, Städte, Dörfer, Friedhöfe, Museen. Er radelte oder ging allein, »allein mit mir und dem Altwerden. Damit, nicht zu wissen, wo wir herkommen, noch wohin wir gehen. Nicht zu wissen, was Materie ist, noch, was Zeit ist.«
Die vielen, ernsthaft reflektierten Eindrücke dieses Aufenthaltes werden in Gedichte verwandelt, verdichtet, in kleine Kunstwerke, ja Kunststücke umgeformt. Jeder Text eine Essenz aus Beobachtung, Gedanken, Gefühl. Einzelheiten der Natur werden wahrgenommen, es dümpeln Lachmöwen und Hagebutten frieren im Mittagslicht, vereiste Pfützen schimmern rot. Verträumt, versonnen, verschlafen ein Bächlein. Der Autor führt uns Bilder vor Augen, Landschaften entstehen, machen uns frieren oder erfreuen uns. Vergangenes wird deutlich, auf Grabsteinen die Namen mehrerer Brüder, alle jung gestorben im Krieg. Ehemänner, Söhne, alle dahin gegeben für nichts. Traurigkeiten, zerstörtes, verschenktes Leben.
Der Alltag in der untergegangenen DDR wird sichtbar, in Museen, die nicht immer das Gelebte erinnern, sondern manchmal nur den Konsum, den vermeintlichen oder tatsächlichen Mangel. Dennoch begegnet der Autor dort Menschen, spricht mit ihnen, tauscht sich aus. Manche sind Suchende, wie er. Er erfährt Einzelheiten, die einfließen in seine Gedichte. »Suchen will ich, so lange ich lebe, doch finden werde ich nie.«
Allein, fast immer allein in den Kirchen, vor einer Mühle, einem uralten Friedhof, einer Schlucht, einem umgestürzten Baum, einem Kleinod in einem der Dörfer, oft mit der »Sehnsucht nach dem, was nie sein wird«, empfindet sich der Dichter als »stillen Teil der Endlichkeit«.