Foto Katrin Bibiella

Bibiella, Katrin

Katrin Bibiella wurde in Weimar geboren und konnte dort bereits als Kind inspirierende Tuchfühlung zu den Orten großer Poeten aufnehmen. Und so entdeckte die heute in Nierstein und Oppenheim am Rhein tätige Kirchenmusikerin, Konzertorganistin und promovierte Literaturwissenschaftlerin schon früh ihre Affinität zur Sprache als Ausdrucksmedium der Welt- und Selbstbefragung und zur poetischen Form des Gedichts, wo Worte, beinahe wie Musik, das Wunder des Lebens und das Unaussprechliche darin zum Klingen bringen. Ihre Gedichte liegen in mehreren Lyrik-Monographien, Zeitschriften und Anthologien publiziert vor.

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Hörproben

Alles Flüchtige
Seele ist ein gesungenes Wort
Der Geiger in der Woge
Atmende Umarmung

Interview mit Katrin Bibiella zu ihrem Buch »Von Bäumen und Menschen«

Soeben ist ihr neuer Gedichtband »Von Bäumen und Menschen« erschienen.
In einem Satz: Was erwartet die Lesenden?

Katrin Bibiella: Ein sehr ästhetisch gestaltetes Buch, das man, glaube ich, gern in die Hand nehmen wird und das inhaltlich auf viele Wege führt – in die Natur, ins Innere des Menschen.

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Ihr Gedichtband wird von Zeichnungen der Schülerinnen und Schülern eines Kunstleistungskurses begleitet. Wie funktionierte die Vermittlung zwischen Ihrer lyrischen und der malerischen Auseinandersetzung der Schülerinnen und Schüler?

K. B.: Der Aufhänger waren natürlich die Bäume. Die Schülerinnen und Schüler studierten für ihre Arbeiten das zeichnerische Werk des großen Caspar David Friedrich – und hier wiederum besonders die Bäume! Von der lyrischen Seite her hatte ich den beiden kursleitenden Lehrerinnen eine Auswahl an Texten aus dem Band zur Verfügung gestellt, um sie im Unterricht vorzustellen, damit sich die Jugendlichen auch mit der Art und Gestalt, dem Tonfall, der Stimmungslage der Gedichte vertraut machen konnten. Es sind beeindruckende und schöne Kunstwerke entstanden, und jedes trägt schon eine Handschrift. Es war zuvor vereinbart, dass ich die Auswahl für den Band treffe: die zarten, durchaus gegenständlichen oder leicht ins Abstrakte, gestisch offene weisenden Motive haben mich am meisten angesprochen. Zur Buch-Premiere am 11. Mai im Hofgut der Bernhardt Stiftung in Undenheim – sie unterstützt das Projekt auch finanziell – wird es dann auch eine begleitende Ausstellung mit den Arbeiten der Jugendlichen geben.

Gibt es in Ihrem Band ein Gedicht, das Ihnen besonders am Herzen liegt? Welches ist es und warum?

K. B.: Nicht nur eins! Aber z. B. dieses: Vorstadtpietà – Vasilije Jordan 1996. Es ist eines der ernstesten, traurigsten Gedichte im Band – ein Gemäldegedicht. Ich habe das malerische Werk des Kroaten Vasilije Jordan vor ein paar Jahren in einer Sonder-Ausstellung in Bad Frankenhausen (wo man eigentlich hinreist, um das Monumentalgemälde von Werner Tübke zu bestaunen) kennengelernt und es hat mich spontan betroffen gemacht! Das Gemälde, um das es im Gedicht geht, vermittelt auf erschütternde Weise die Verschlossenheit und Kälte des sprachlos machenden Kreuzigungsgeschehen, das buchstäbliche Ausgegrenzt-Sein der trauernden Mutter um ihren hingerichteten Sohn. Aber im Grenzzaun und in den Hochsicherheitsblöcken des Gemäldes erwacht auch die eigene Erinnerung an die Erfahrung als Kind und Jugendliche in der DDR, die hautnahe Präsenz von Erbarmungslosigkeit und Kälte, Menschenverachtung und Zynismus, die dieses System legitimierte, ja einforderte – und hier besteht auch eine innere Verbindung, eine Affinität zum Maler, der ja in jener Zeit im gleichen System lebte. In seinem Gemälde, in der lakonischen Klarheit durch Farbe und Form, wird die Erschütterung lesbar darüber, dass sich die Verhältnisse nicht ändern. Es ist ein Geisterhaftes, Schreiend-Stilles in diesem Gemälde. Ich wollte dem, was da den Betrachter unmittelbar trifft, mit meinen Mitteln ein Sprachgemälde an die Seite stellen.

An welchen Orten schreiben Sie gern? Oder gibt es vielleicht sogar Orte, die Sie in besonderer Weise zum Schreiben inspirieren?

K. B.: Hier darf ich meinen verstorbenen Mentor und Weimarer Dichter-Freund Wulf Kirsten zitieren: »Ich bin Schreibtischtäter«! Nun: ich habe immer ein Blättchen oder ein Notizbüchlein dabei, da kommen dann schon die Botschaften hinein, die die Sprache mir bisweilen zu unerwarteter Tages- oder Nachtzeit übermittelt. Aber das Ausarbeiten, die eigentliche dichterische Arbeit, die findet am Schreibtisch statt.

Was möchten Sie zum Abschluss unseres Gesprächs noch sagen?

K. B.: Danke IhneIch möchte mich für die angenehme Betreuung und Zusammenarbeit bedanken: Die Veröffentlichung eines Lyrik-Bandes – und alle Vorbereitungen, die sich damit verbinden – ist auch eine Vertrauenssache, etwas sehr Persönliches. Es tut gut, stets auf Einfühlsamkeit, Verständnis, n, liebe Frau Janßen, für Ihr Verständnis und die angenehme Zusammenarbeit!

Vielen Dank für das Gespräch.

 

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Interview mit Katrin Bibiella zu ihrem Buch »Windgetragen flügelleicht«

Liebe Frau Bibiella, soeben ist »Windgetragen flügelleicht. Vom Wunder der Pflanzensamen« erschienen. Ein Gedicht-Bild-Band, den Sie gemeinsam mit der Künstlerin Marie-Luise Frey veröffentlicht haben. In einem Satz: Was erwartet die Lesenden?

Katrin Bibiella: Dieses Buch ist eine Einladung, sich in den Mikrokosmos hineinzubegeben eines LebendigSeins, das sich unserer Wahrnehmung – unseren Blicken und unserem Einfluss – entzieht und das doch unser eigenes Leben erhält, wovon wir uns ernähren, an dessen Schönheit wir uns erfreuen!

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Wie darf ich mir Ihre lyrisch-künstlerische Zusammenarbeit vorstellen?

K. B.: Zunächst war die Idee da, die uns begeisterte, dieser faszinierenden winzigen Welt eine Stimme zu geben, die überaus fein gestalteten Formen gewissermaßen aus dem Reich der Unsichtbarkeit hervor zu holen, sie behutsam ins Blickfeld eines Staunens zu rücken. Aus dieser Motivation heraus haben wir unsere Zusammenarbeit entwickelt. Getragen von großer Offenheit und gegenseitiger Einflussnahme konnten wir uns dem Sujet aus ganz unterschiedlichen Perspektiven annähern, es in ständigem Austausch sowohl zeichnerisch als auch lyrisch einfangen und es gewissermaßen zum Klingen bringen.

Der Untertitel »Vom Wunder der Pflanzensamen« verweist treffend auf die unglaubliche Schönheit und Vielfalt der Pflanzensamen. Was war der fantastischste Einblick, den Sie bei Ihrer Erforschung gewonnen haben?

K. B.: Was mich ganz besonders berührt, ist die Verwandtschaft in den Formen – Pflanzensamen können z. B. an Meerwesen erinnern und verweisen darin auch auf die Nähe der Elemente. Darin bezeugen sie Erdgeschichte! Und, so klein, wie sie sind, manche wahrlich fast ein Nichts, zeigen sie doch unterm Mikroskop, wie sie auf wunderbare Weise auf die Art ihrer Ausbreitung eingehen, auf den Wind, das Wasser oder auch Tiere, die ihnen zur Bewegung verhelfen. Dies zu bemerken ist von großer Poesie.

Was liegt zurzeit auf Ihrem Schreibtisch? Arbeiten Sie schon an einem neuen Band?

K. B.: Es liegt eine neue Arbeit auf meinem Schreibtisch – aber die muss nach außen hin noch ein bisschen beschwiegen werden … sie braucht Stille.

Was möchten Sie zum Abschluss unseres Gesprächs noch sagen?

K. B.: Danke Ihnen, liebe Frau Janßen, für Ihr Verständnis und die angenehme Zusammenarbeit!

Vielen Dank für das Gespräch.

 

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Interview mit Katrin Bibiella zu ihrem Buch »Alles Flüchtige«

Liebe Frau Bibiella, soeben ist Ihr neuester Gedichtband »Alles Flüchtige« erschienen. Was erwartet die Lesenden?

Katrin Bibiella: Der Band enthält eine Sammlung von Gedichten, die über einen längeren Zeitraum hinweg entstanden sind, ich glaube, sie haben alle eine gute Reife erlangen können. Neben Kunst, Musik und Natur kreisen die Texte immer wieder um eine eigene poetologische Standortbestimmung, bei der es auch um die Erfahrung der Sprache als Kraft mit einer ganz eigenen Dynamik geht.

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In Ihrem Nachwort »Über das Poetische« lesen wir einen längeren Exkurs zum Thema Sprache. Man spürt, dass Ihnen dieses Thema besonders am Herzen liegt. Woher stammt diese Leidenschaft?

K. B.: Ich nehme an, dass mir das von oben – oder in welcher Richtung auch immer wir diese allumfassende geistige Quelle vermuten dürfen – mit auf den Weg gegeben wurde. Jedenfalls ist es etwas sehr Drängendes, das herausgebracht werden will. Ich denke, dass sich »Leidenschaft« wohl so anfühlt.

»Ich schreibe, also lebe ich.« Könnten Sie diese Worte unterschreiben? Was treibt Sie an, woher nehmen Sie den »Stoff« für Ihre Texte?

K. B.: Eine schöne Kontrafaktur des berühmten Descartes-Satzes! Ja, ich darf wohl sagen: auf die Sprache zu hören, das ist mein Wesenskern! Der Stoff hierfür findet sich überall. Die Welt führt uns in einen so ungeheuerlichen Mikrokosmos hinein, den wir mit unseren Sinnen und unserem Sinn wahrnehmen, das heißt beachten, empfinden und würdigen können. Die Sprache ist für mich der Raum, um in diesem Kosmos darin zu sein, in seinem Bewusstsein, das auch mein Bewusstsein ist, wie in einem großen gemeinsamen Körper.

Was von allem, was in der Welt passiert und direkt oder indirekt erlebt wurde, hat in Ihnen die tiefsten Spuren hinterlassen? Kann Dichtung Antworten geben, auf die drängenden Probleme und Fragen unserer Zeit?

K. B.: Hier kann ich nur allgemein antworten: Wir leben in einem der reichsten Länder und wissen um Ungerechtigkeit und Qualen, die andere Menschen an anderen Orten der Erde jetzt, in jedem Moment, aushalten müssen. Da stellt sich auch Scham ein – der Gedanke, dass man vielleicht etwas ganz anderes machen müsste! Dennoch bin ich davon überzeugt, dass Kunst nötig ist. Poesie muss geschrieben werden, weil mit ihr die Würde des Lebens zu uns kommt, weil sie uns verweilen und durchatmen lässt, weil wir in ihr uns selbst begegnen und sie uns zusammenbringt, miteinander verbindet. Poesie ist eine Friedensbringerin.

Was haben Sie zuletzt gelesen?

K. B.: Ein Buch von Stephan Grätzel, Philosoph und langjähriger Leiter des Arbeitsbereichs Praktische Philosophie an der Uni Mainz, es heißt »Versöhnung«. In diesem Buch geht es u.a. auch um die Rolle der Sprache in dem trinitarischen Prozess von Entzweiung, Selbstfindung und Versöhnung, der letztlich für alle unsere Lebensvorgänge signifikant ist. Überdies beschäftigte ich mich mit den Gedichten von Boris Pasternak (in der deutschen Übersetzung von Elke Erb und Christine Fischer).

Was möchten Sie zum Abschluss unseres Gesprächs noch sagen?

K. B.: Gern möchte ich an dieser Stelle einen Satz der Kulturredakteurin Maria Ossowsky weitergeben, mit dem sie erst kürzlich einen Radiobeitrag zur Situation von Kunst und Kultur in Corona-Zeiten beschloss: »Kunst ist nicht systemrelevant, Kunst ist existenzrelevant.«

Vielen Dank für das Gespräch.

 

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Interview mit Katrin Bibiella zu ihrem Buch »Seele ist ein gesungenes Wort«

Liebe Frau Bibiella, in Ihrem neuesten Gedichtband widmen Sie sich Fritz Wunderlich. Musikinteressierten ist Fritz Wunderlich als der »Jahrhundertsänger« bekannt, der selbst von Luciano Pavarotti als der herausragendste Tenor der Geschichte bezeichnet wurde.
Was hat Sie zu der Auseinandersetzung mit Fritz Wunderlich veranlasst?

Katrin Bibiella: Fritz Wunderlich ist ein Sänger, der ganz viele Menschenherzen berührt hat und noch immer berührt – es heißt, dass viele Menschen überall in der Welt ihn noch immer kennen und lieben würden. Dank Tonträgern können wir ihn heute noch hören, und er hat ja nicht nur klassische Musik aufgenommen, sondern auch zahllose Schlager. Als ich zum ersten Mal die »Dichterliebe« mit ihm hörte, war ich zutiefst berührt. Später schrieb ich beim Hören auch mit, hielt meine Empfindungen fest. Und so reifte der Wunsch heran, einen lyrischen Zyklus zu entwickeln.

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In Ihrem Nachwort beleuchten Sie das Leben und Wirken Fritz Wunderlichs, seine Zusammenarbeit mit dem Pianisten Hubert Giesen und thematisieren auch das Singen selbst. Brauche ich ein tieferes Musikverständnis, um mich den Gedichten über Fritz Wunderlich zu nähern?

K. B.: Nein, das denke ich nicht. In den Gedichten habe ich sehr bewusst auf Fachtermini verzichtet (gut, es gibt mal ein sotto voce) – ich wollte die Musik und den musikalischen Eindruck ganz in einen lyrischen auflösen. Ich denke, es sind Gedichte geworden, die man ganz als solche lesen kann – als klingende Sprache. Aber wer sich ihr aussetzen mag und kann, der erfährt vielleicht etwas über die Musik, über das Singen und darüber, welch ein Wunder uns mit dieser Ausdrucksmöglichkeit geschenkt ist, die wir alle in uns tragen – wir alle können uns singend erfahren und wir können hören, zuhören!

Sie sind promovierte Literaturwissenschaftlerin und Kirchenmusikerin. Haben darüber hinaus Philosophie und Geschichte studiert und arbeiten seit vielen Jahren als Chorleiterin. Ich würde behaupten, dass all diese Professionen in Ihr Schreiben einfließen und doch habe ich den Eindruck, dass es hier noch etwas Verbindendes gibt. Etwas, das aus dem Ganzen mehr als die berühmte »Summe seiner Teile« macht. Eine eigene gestaltgebende Kraft. Würden Sie dem zustimmen?

K. B.: Ja, natürlich – es ist die Kraft der Sprache! Die Sprache soll zu Wort kommen, schwingen! Sie durchdringt die Welt und verbindet alles. Sie ist auch im Gesang (und ich meine jetzt nicht den gesungenen Text). Wenn wir die Dinge mit der Sprache behutsam berühren, dann kann es geschehen, dass wir in ihr Inneres schauen – und dies vielleicht auch kommunizieren können, indem es auch im anderen lebendig wird und eine Gemeinschaft entsteht.

Natürlich kann ich Ihre Gedichte auch lesen, ohne mir einen eigenen Klangeindruck zu verschaffen. Aber jetzt bin ich neugierig geworden. Welche Liedeinspielungen würden Sie mir – neben der »Dichterliebe« – von Fritz Wunderlich empfehlen? Und jetzt sagen Sie bitte nicht »Alle«!

K. B.: Als Einstiegsdroge rate ich zu »Granada«! Aber auch ein Chanson, wie »Ich küsse ihre Hand, Madame«. Hier kann man nicht nur die fantastische Stimme Wunderlichs genießen, sondern auch sein hinreißendes musikantisches Gestaltungsvermögen und einen Charme, der nie zu dick aufträgt. Wer ihn als klassischen Liedsänger eingehend kennen lernen möchte, dem sei neben der »Dichterliebe« auch die Einspielung mit Schuberts »Die schöne Müllerin« empfohlen. Außerdem ist zum 90. Geburtstag des Sängers eine Doppel-CD mit der Rundfunkaufnahme seines letzten Liederabends erschienen, den er zusammen mit Hubert Giesen am 4. September 1966 in Edinburgh gab: Lieder von Beethoven, Schubert, Schumann und R. Strauss – dieser Mitschnitt hat eine große Aura!

Vielen Dank für das Gespräch.

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