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Kraus, Gerhard

Gerhard Kraus wurde 1950 in Bamberg geboren. Nach dem Besuch des Humanistischen Gymnasiums studierte der Sohn eines Ärzte-Ehepaars Geisteswissenschaften an der Universität Erlangen-Nürnberg, der University of Kent at Canterbury sowie an der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg und promovierte zum Dr. phil. über »Naturpoesie und Kunstpoesie« im philosophischen Frühwerk Friedrich Schlegels. Nach Jahren der Lehrtätigkeit an der Universität (u. a. als Assistent des Germanisten und Lyrikers Peter Horst Neumann) war er in Feuilletons regionaler Zeitungen angestellt. Von 2000 an veröffentlichte er Gedichte und Epigramme in den Bänden »Andernorts hier«»Zeit geht fort an unsern Krücken«»Anlässlich du« und »Tja & andere« sowie in diversen Anthologien.

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Interview mit Gerhard Kraus zu seinem Buch »FAKE oder absolut Forellen«

Lieber Herr Kraus, soeben ist ihr Gedichtband „FAKE oder absolut Forellen“ erschienen.
In einem Satz: Was erwartet die Lesenden?

Gerhard Kraus: Ein großes unbekanntes Wesen ist ja auch der Leser. Meine Antwort also: Was erwartet dieser selbst sich, wenn er, der literarischen Verlockung erliegend, dem Wegweiser zu so etwas wie einer kleinen Stadt folgt.
Ob er ihre Topografie, ihr Seelenleben schon kennt oder das einer ähnlichen, oder ob ihm kleine Städte fernes Land sind: Das Ziel der Gedichte ist es, diese Stadt gleichsam nach plötzlich aufgetauchten Plänen wiederentstehen zu
lassen.

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Der Ausgangsort, bzw. der Bezugsrahmen Ihrer Gedichte ist Forchheim. Warum?

G. K.: Es handelt sich um die Stadt, in der ich wichtige Schul- und Jugendjahre verbracht, sehen gelernt habe und
auch, mich zu verirren.

Ihre Gedichte sprühen vor Wortwitz, Ironie und Sprachlust. Obwohl höchst konkret, erschließen sich die Texte oft nicht beim ersten Lesen. Es entsteht geradezu der Eindruck, dass Sie hier und da einen Riegel vor allzu schnelle Deutungsversuche geschoben haben. Würden Sie sagen, dass dieser Stil kennzeichnend für Ihre Lyrik ist?

G. K.: Eine Antwort, die es trifft, haben Sie sich selbst schon gegeben mit der Metapher eines Riegels vor allzu schneller Deutung. Ja, ich misstraue der großen Gebärde, sowohl in der Literatur selbst als auch in deren Auslegung.
Irgendwo ist ihre imposante Rhetorik doch immer der Gefahr von Unehrlichkeit, Ich-Verliebtheit oder Naivität ausgesetzt. Ich ziehe das Eis vor, das einen See bedeckt, ruhig und klar. Es macht die Tiefe diskret und zugleich in ihrer
wirklichen Bedrohlichkeit erst so recht sichtbar. Aber das ist auch das Tröstliche: Man hat Respekt, man ist gewarnt und geht mit achtsamen Schritten.

Als promovierter Philosoph und ehemaliger Feuilletonist sind Sie kulturell und sprachlich an vielen Orten zu Hause. Haben Sie literarische Vorbilder, Bücher oder Figuren, die Sie auf Ihrem eigenen (literarischen) Weg in besonderem Maße begleitet haben?

G. K.: Mit Vorbildern tue ich mir schwer, eines verweist schon auf das nächste, das nähme kein Ende. Aber vier Namen dann doch, quasi für die einsame Insel. Die Lyrik Eichendorffs, allem voran der von Schumann op. 39 vertonte Zyklus. Dann die kleine, magische Prosa Adalbert Stifters. Aus der englischsprachigen Literatur die wundersam-wunderbare Emily Dickinson und die Kanadierin Anne Carson, an der der Nobelpreis Mal um Mal vorbeigeht, ebenso ehrgeizig wie von allen guten Geistern verlassen.

Was möchten Sie zum Abschluss unseres Gesprächs noch sagen?

G. K.: Ich will mich sehr für Ihre Fragen bedanken und den Lesern guten Appetit wünschen auf viel Menü und Fisch.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

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Interview mit Gerhard Kraus zu seinem Buch »Minimale Seelen«

Lieber Herr Kraus, soeben ist ihr Gedichtband „Minimale Seelen“ erschienen. In einem Satz: Was erwartet die Lesenden?

Gerhard Kraus: Zu erwarten sind: Geschichten. Keine lancierten Meinungen des Autors. Kein Vers setzt eine „message“ ab. Das Gedicht ist unterwegs gleichsam auf ganz eigenem Terrain. Sucht ab und ortet, was an Welt und Dingen eingetroffen ist. Dabei würde allzu viel an Satz- und Worterfindungsakrobatik bloß im Weg stehen, eine klare Sicht behindern. Die „Lesbarkeit der Welt“ (Hans Blumenberg) setzt vielmehr Dezenz voraus. Um es ungeschminkt zu sagen: Ja, auch mit Verschwiegenheit ist zu rechnen. Und müsste ich noch einen Namen nennen, so fiele mir sofort die wunderbare Emily Dickinson ein.

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Woher nehmen Sie den „Stoff“ für Ihre Texte und wie sehen die Bedingungen aus, unter denen Sie schreiben?

G. K.: Mein „Stoff“ ist freier Einfall. Was die Welt ganz draußen oder drinnen einfach so in petto hat, ungefragt und ungeniert an Tücke oder schmalem Glück bereithält. Ich öffne die Tür. Das ist der Part der Poesie. Eine von Fantasie und Logik vor-formatierte Wirklichkeit hilft da überhaupt nicht weiter, der Einfall funktioniert dann eben nicht, macht sich aus dem Staub, alles Finden geht ins Leere. Und es könnte doch die Tasse Tee neben dem Flügel einer Möwe in einem fremden Fenster sein. Oder das vom Himmel falsch bewölkte, letzte Blatt an einem Zweig . . .

Was von allem, was kürzlich in der Welt passiert und direkt oder indirekt erlebt wurde, hat Sie nachhaltig beeindruckt und ergibt sich für Sie hieraus die Notwendigkeit eines lyrischen Ausdrucks?

G. K.: Nachts, am Fenster, die Dunkelheit ist nirgends zappelig. Ein Glas Rotwein vor mir und im Rücken einen großgeblümten Sessel, kehre ich den Tag zusammen. Schweife ab, privat, sortiere Ramsch, borge bei den Spätnachrichten. „Nachhaltig beeindruckt“ – und bedrückt mich allerdings, wie sehr sich unsere Sprache gelegentlicher Vergewaltigungsversuche durch das Gendern zu erwehren hat.

Was steht auf Ihrem Schreibtisch? Woran arbeiten Sie gerade?

G. K.: Nicht sonderlich überraschend: PC, Schreibblock, zufällig CD Schostakowitsch, zufällig Wolfgang Rihm. Eine dicke Lupe, die dazugehörigen Wörter bitten noch um Geduld. Für heute aber knipse ich die Schreibtischlampe aus. Im Hintergrund wartet das Glas Rotwein, aus dem ich Ihnen mit Dank für Ihre Fragen ein herzliches „Zum Wohl“ zutrinke.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

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