Beschreibung
Gerhard Kraus ist ein äußerst präziser Lebens-Beobachter. Seine Wahrnehmungen verwandelt er in Wortgebilde, die er bündelt, aneinanderreiht, auseinanderbrechen lässt, und die so zu einer Art Sprach-Gemälde verschmelzen. In dieser Form der Beschreibung alltäglicher Situationen offenbart sich fast nebenbei auch ein entlarvender Blick auf unsere Gesellschaft, ein Erkennen der Schwierigkeit, sich auch in der Liebe wirklich nahe zu kommen, und eine einfühlsame Auseinandersetzung mit existentiellen Sinnfragen. Diese Bestandsaufnahme geschieht dabei eher lapidar, ohne eine explizite Wertung, die wird dem Leser überlassen. Die Gedichte muten aufgrund ihrer assoziativen, sehr persönlichen und alles andere als konventionell angelegten Bilder sowie der expressiven Sprache auf den ersten, flüchtigen Blick eher sperrig an, sind inhaltlich nicht eben eilig zu durchdringen. Lässt man sich jedoch auf sie ein, wird man mit einem überwältigenden Leseerlebnis belohnt.
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Porträt
Gerhard Kraus wurde 1950 in Bamberg geboren. Nach dem Besuch des Humanistischen Gymnasiums studierte der Sohn eines Ärzte-Ehepaars Geisteswissenschaften an der Universität Erlangen-Nürnberg, der University of Kent at Canterbury sowie an der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg und promovierte zum Dr. phil. über »Naturpoesie und Kunstpoesie« im philosophischen Frühwerk Friedrich Schlegels. Nach Jahren der Lehrtätigkeit an der Universität (u. a. als Assistent des Germanisten und Lyrikers Peter Horst Neumann) war er in Feuilletons regionaler Zeitungen angestellt.
Von 2000 an veröffentlichte er Gedichte und Epigramme in den Bänden »Andernorts hier«, »Zeit geht fort an unsern Krücken«, »Anlässlich du« und »Tja & andere« sowie in diversen Anthologien.
Stimmen zum Buch
Wundersame Wortneuschöpfungen („Anderslachen“) und -verknüpfungen („lyrikschöne / blaue Symmetrien und Sirenen“) blühen stimulierend auf und münden als Flut von Chiffren, Bildern und Metaphern in ein sacht strömendes, unaufdringlich rhythmisiertes, pastellfarbenes Idiom, das es jenseits jeder Alltagslogik vermag, sie einzufangen und zu umfassen. Wenn Dichtung ein „Abwesenheitsbericht“ des Dichters ist (so zitiert der Autor den frankofonen Schweizer Kollegen Charles Racine), so hält sich dieser Poet in seinen Versen ziemlich weit entfernt von der landläufigen Welt auf, wie mikroskopisch er sie auch wahrnimmt, und will in einer ganz eigenen daheim sein. Die „Silbersyntax“ seiner Zeilen glänzt, und keine „minimale Seele“ regt sich in ihnen, eher eine, die ins Unerwartete, Unabsehbare expandiert.
Michael Thumser, Hochfranken-Feuilleton, 9/2021
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