Foto Jörg M. Pönnighaus

Pönnighaus, Jörg M.

Jörg M. Pönnighaus wurde 1947 in Ostwestfalen geboren. Nach dem Studium der Medizin verbrachte er den wesentlichen Teil seines Arbeitslebens im südlichen Zentral- und Ostafrika, bevor es ihn in das sächsische Vogtland verschlug. Themen seiner Lyrik und Erzählungen sind vor allem Licht und Leben in Afrika, seine Arbeit, Schicksale – auch hierzulande, wo er nach seiner endgültigen Rückkehr noch mehrere Jahre als Hautarzt tätig war. In diese Zeit fallen weitere Arbeitsaufenthalte in Kalkutta und Dhaka.
Jörg M. Pönnighaus hat gut 20 Bücher veröffentlicht.

Für sein bisheriges literarisches Gesamtwerk wurde ihm 2022 der »Vogtländische Literaturpreis« verliehen.

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Interview mit Jörg M. Pönnighaus zu seinem Buch »Die Palliativstation oder Gebrochene Leben«

Lieber Herr Pönnighaus, soeben ist Ihr neuestes Buch »Die Palliativstation« erschienen. In einem Satz: Was erwartet die Lesenden?

J. M. Pönnighaus: Den Leser erwarten kurze Beschreibungen von Patienten und Patientinnen, deren Tage, deren Wochen gezählt sind. Kurze Beschreibungen ihrer Hoffnungen, ihrer Wünsche, ihrer Ängste. Und ihrer Fragen nach dem »Warum«.

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Sie beschreiben Ihre Arbeit auf einer Palliativstation in Gedichtform. Warum haben Sie gerade die Lyrik als Form gewählt, um über das Sterben und die letzten Tage von Menschen zu schreiben?

J. M. P.: Das war eine intuitive Entscheidung. Mit der Gedichtform konnte ich mich auf das Wesentliche konzentrieren.

In Ihren Gedichten begegnen wir sehr unterschiedlichen Menschen: manche hoffen noch auf Besserung, andere haben sich mit dem Sterben abgefunden, wieder andere bitten aktiv um Sterbehilfe. Welche dieser Haltungen hat Sie am meisten berührt oder herausgefordert?

J. M. P.: Herausgefordert haben mich vor allem Menschen, die einfach nicht wahr haben wollten, dass es mit ihnen zu Ende ging. Das machte Gespräche schwierig, fast unmöglich. Schwierig fand ich es auch, wenn mich von Patienten wesentlich jüngeren Alters als ich der Hauch des Todes anwehte. Generell erleichterte mir mein Alter die Arbeit, denke ich. Denn offensichtlich hatte ich ›schon viel Salz gegessen‹, wie man in Afrika sagt. Also viel erlebt, viel erfahren. Das gab mir einen Vertrauensvorschuss, hatte ich oft das Gefühl.

Durch Ihre Arbeit in Afrika, Kalkutta und Dhaka haben Sie sehr verschiedene kulturelle Umgangsweisen mit dem Sterben kennengelernt. Inwiefern unterscheidet sich der Umgang mit dem Tod auf einer deutschen Palliativstation von dem, was Sie in anderen Kulturkreisen erlebt haben?

J. M. P.: Soweit ich weiß, gibt es in den afrikanischen Ländern, in denen ich gearbeitet habe, in Kalkutta und in Dhaka noch keine Palliativstationen. Es wird (noch) daheim gestorben – so wie meine Großeltern noch daheim gestorben sind, an Leukämie, an Leberkrebs, an Lungenentzündung (nur ein Großvater starb in russischer Kriegsgefangenschaft). Einem gläubigen Mohammedaner winkt das Paradies, einem Hindu steht die nächste Wiedergeburt bevor. Ein Afrikaner, der noch im Denken seiner Vorfahren lebt, wird zu seinen Ahnen eingehen. Und der Tod kommt ohne (langes) Siechtum, denn wer nicht mehr arbeiten kann, braucht auch nicht mehr zu essen. Doch trotzdem, das Sterben ist nirgends einfach.

Was wünschen Sie sich, dass Leser:innen aus Ihren Gedichten über die Palliativstation mitnehmen?

J. M. P.: Vielleicht vor allem das Eine: Rechtzeitig zu verzeihen und rechtzeitig um Verzeihung zu bitten, bevor die letzte Stunde naht.

Vielen Dank für das Gespräch.

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Interview mit Jörg M. Pönnighaus zu seinem Buch »Meißener Land oder Scharfenberger Tage«

Lieber Herr Pönnighaus, soeben ist Ihr neuestes Buch »Meißener Land« erschienen.
In einem Satz: Was erwartet die Lesenden?

J. M. Pönnighaus: Auf die Lesenden warten Gedichte über das Meißener Land, über Wind und Wetter und über die Zeitlosigkeit von Leben und Sterben.

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Sie haben vier Monate im Turmzimmer von Schloss Scharfenberg verbracht. Was hat dieser Ort mit Ihnen gemacht, und wie hat er Ihr Schreiben beeinflusst?

J. M. P.: Ich konnte mich fast vier Monate lang nur auf das Sein um mich herum konzentrieren und mich daran freuen. Ich gewann Ruhe und Gelassenheit, konnte mich mit mir und meiner Bedeutungslosigkeit, meiner Nichtigkeit anfreunden.

In Ihrem Gedichtband thematisieren Sie verfallene Gebäude, alte Kirchen, Spuren der Vergangenheit. Welche Geschichten erzählen solche Orte für Sie?

J. M. P.: Die Ruinen erzählten mir vom Kommen und Gehen der Menschen, wie sie sich mühten, abmühten und wieder vergingen. Sie erzählten mir von der Vergänglichkeit von allem.

Das Gedicht Elbradweg beispielsweise schildert eine Landschaft zwischen Schönheit und Verfall. Was fasziniert Sie an solchen Gegensätzen?

J. M. P.: Der Gegensatz zwischen Schönheit und Verfall kam besonders eindrücklich durch die vielen Epitaphe an den Kirchen vor meine Augen. Viele waren vom Wind abgeschliffen und doch noch schön. Alles hat seine Zeit und nichts bleibt.

Sie beschreiben das Bedürfnis, mit sich allein zu sein. Wie hat sich diese Zurückgezogenheit auf Ihre Auseinandersetzung mit dem Altwerden und den großen Fragen des Lebens ausgewirkt?

J. M. P.: Ich habe mich damit abgefunden alt zu werden, ohne irgendwelche Gewissheiten zu erlangen. Ich habe eingesehen, dass Gewissheiten für mich nicht erreichbar sind, dass für mich nur Fragen und Suchen bleibt.

Was wünschen Sie sich, dass Leser:innen aus Ihren Gedichten mitnehmen?

J. M. P.: Mögen die Lesenden ein Gefühl für die Schönheit dieser Erde mitnehmen und ein Gefühl für ihre Endlichkeit.

Vielen Dank für das Gespräch.

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Interview mit Jörg M. Pönnighaus zu seinem Buch »Begegnung am Fluss«

Lieber Herr Pönnighaus, soeben ist Ihr neuestes Buch »Begegnung am Fluss« erschienen.
In einem Satz: Was erwartet die Lesenden?

J. M. Pönnighaus: Auf die Lesenden warten ein paar spannende, meist überraschend endende, oft des Nachdenkens werte Kurzgeschichten.

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Woher nehmen Sie den »Stoff« für Ihre Texte? Was inspiriert Sie zum Schreiben Ihrer Erzählungen?

J. M. P.: Der Kern vieler Geschichten beruht auf Erinnerungen, wenn man so will, »wahren« Begebenheiten, andere sind mir im Traum zugeflogen. Die eine und die andere habe ich wohl auch so gesponnen, dass sie wahr sein könnten.

Gibt es in Ihrem Band eine Geschichte, die Ihnen besonders am Herzen liegt? Welche ist es und warum?

J. M. P.: Mehrere Geschichten sind mir besonders wichtig: Lieb Vaterland magst ruhig sein, Begegnung am Fluss, Chlorophyll … vielleicht ist mir Chlorophyll am liebsten, vielleicht weil das Dilemma in dieser Geschichte so besonders unauflösbar ist.

Die einzelnen Erzählungen in Ihrem Buch umfassen in der Regel nicht mehr als zwei Seiten. Empfinden Sie den begrenzten Schreibplatz als Herausforderung, oder fällt es Ihnen leicht die sprichwörtliche Würze in der Kürze zu finden?

J. M. P.: Es fiel mir leicht, anhand einer Episode ein Problem zu beleuchten, es darzustellen, ohne weit auszuholen, ohne abzuschweifen. Das ist einfach meine Art, zu versuchen, etwas auf den Punkt zu bringen.

Gibt es etwas, das Sie zum Abschluss unseres Gesprächs noch sagen wollen?

J. M. P.: Es hat mir einfach Freude gemacht, diese Geschichten aufzuschreiben. Sie bewegten mich seit Jahren, mal mehr, mal weniger. Ich hoffe, die Lesenden finden zumindest in einigen Geschichten eigene Erlebnisse widergespiegelt.

Vielen Dank für das Gespräch.

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Interview mit Jörg M. Pönnighaus zu seinem Buch »Drei Frauenleben«

Lieber Herr Pönnighaus, soeben ist Ihr neuestes Buch »Drei Frauenleben« erschienen.
In einem Satz: Was erwartet die Lesenden?

J. M. Pönnighaus: Die Leser erwartet die Schilderung sehr unterschiedlicher Lebensläufe dreier Frauen, die alle vor dem 2. Weltkrieg geboren wurden.

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Wie kam es zu der Entscheidung das Leben dreier Frauen zu erzählen?

J. M. P.: Mich faszinierten diese Lebensläufe und ich dachte, sie könnten von allgemeinem Interesse sein.

Hat es Sie vor eine Herausforderung gestellt, mit einem Ich-Erzähler die Perspektive der Frauen einzunehmen?

J. M. P.: Ja, aber da ich mit allen drei Frauen über Jahre hinweg viele Gespräche führte, traute ich es mir schließlich zu, ihre Leben aus ihrer Perspektive zu schildern. Wobei ich mir die Freiheit nahm, einige Einzelheiten umzugestalten.

Was haben Sie zuletzt gelesen und – um bei den Frauenleben zu bleiben – gibt es eine Autorin, die Sie besonders fasziniert?

J. M. P.: Gelesen habe ich zuletzt ›Horns Ende‹ von Christoph Hein. Besonders beeindruckt hatte mich zuvor ›Transit‹ von Anna Seghers. Doch gibt es für mich eher Lieblingswerke als Lieblingsautoren oder Autorinnen.

Was möchten Sie zum Abschluss unseres Gesprächs noch sagen?

J. M. P.: Vielleicht sollte ich betonen, – um Missverständnissen vorzubeugen – dass Verhältnisse in der DDR, soweit sie zur Sprache kommen, keine objektiven Darstellungen sind, sondern Schilderungen aus der persönlichen Perspektive der drei Frauen heraus. Sie beanspruchen nicht, ›wahr‹ zu sein.

Vielen Dank für das Gespräch.

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Interview mit Jörg M. Pönnighaus zu seinem Buch »Unzeit«

Lieber Herr Pönnighaus, soeben ist Ihr neuestes Buch »Unzeit« erschienen.
In einem Satz: Was erwartet die Lesenden?

J. M. Pönnighaus: Den Leser erwarten ein paar Stunden Lesevergnügen – hoffe ich – ein paar Tage Träumen und ein paar Wochen Nachdenken über das eine oder andere Gedicht.

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Mitte August, Sonnenstille, Haikus – In Ihren Gedichten verspürt man eine tiefe Verbundenheit mit der Natur. Fühlen Sie diese Verbundenheit schon immer? Wie hat die Natur Einzug in Ihre Lyrik gefunden?

J. M. P.: Die Verbundenheit mit der Natur entwickelte sich bei mir wohl erst während meiner ersten Arbeitszeit als Distriktarzt im abgelegenen Namwala, in Sambia in Afrika. Mein Häuschen stand in der Nähe des Kafue Flusses, abends hörte ich die Nilpferde grunzen, bei Spaziergängen entlang des Flusses konnte ich Eisvögeln zuschauen, dem Graufischer und dem Malachiteisvogel. Über den Ebenen schwebten Gaukler. Ich sah die ersten Orchideen. Meine Augen öffneten sich für die Schönheit dieser Erde.

Im Gedicht Es war einmal erzählt ein Mann von Geistern und später heißt es »Er erzählte den Leuten/von Guten Hirten,/vom Lieben Gott,/aber er predigte/dies zur Unzeit:/denn am Abend/war ein Kind/totgefahren worden/im Dorf.« Würden Sie sich als spirituellen oder gläubigen Menschen bezeichnen, oder fällt es Ihnen schwer, durch Ihre Erfahrungen als Arzt an eine höhere Macht zu glauben?

J. M. P.: Das ist eine schwierige Frage: Vielleicht kann ich am ehesten unterschreiben, was Albert Einstein dazu gesagt hat: »Ich glaube an Spinozas Gott, der sich in der Harmonie des Seienden offenbart. Nicht an einen Gott, der sich mit Schicksalen und Handlungen der Menschen abgibt.« Ich komme gerade von sechs Wochen Arbeit in Bangladesch zurück, dort, unter den Muslimen, wird geglaubt, dass alles Gute und alles Böse letztlich von Allah kommt, geschickt wird. Dass ein göttliches Wesen sich um uns kümmert, kann ich ausdrücklich nicht annehmen, dafür bin ich ein zu skeptischer Mensch. Dafür habe ich auch zu viele Gebete von Patienten ungehört verhallen sehen.

Was liegt momentan auf Ihrem Schreibtisch? Arbeiten Sie bereits an einem neuen Projekt?

J. M. P.: Ich schreibe ab und an Gedichte, so wie sie mir über den Weg laufen, mir in den Sinn kommen. Außerdem arbeite ich an der Biographie einer (inzwischen verstorbenen) Neunundneuzigjährigen, die so unglaublich viel erlebt hat in ihrem Leben, dass es mich einfach fasziniert das mir von ihr Erzählte in eine gewisse Ordnung zu bringen. Eine Sammlung meiner Aufzeichnungen aus Bangladesch liegt ebenfalls auf meinem Schreibtisch und harrt der Bearbeitung.

Was möchten Sie zum Abschluss unseres Gesprächs noch sagen?

J. M. P.: Mir scheint, dass schreiben zumindest dazu dienen kann, bewusster zu leben, unser Leben zu durchschauen, soweit das überhaupt möglich ist. Wenn man darüber hinaus etwas Bleibendes schaffen kann, vielleicht auch Menschen helfen, vielleicht auch Missstände ans Licht holen kann, umso besser. Irgendwie sehe ich als Arzt das schon so, dass Literatur auch eine Aufgabe hat und nicht nur für sich selbst da ist.

Vielen Dank für das Gespräch.

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Interview mit Jörg M. Pönnighaus zu seinem Buch »Schatten der Zeit«

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